Begründung zur Kennzeichnung des Films HARRY POTTER UND DIE KAMMER DES SCHRECKENS mit „Freigegeben ab 6 Jahren“

Wiesbaden, 13.11.2002

Der Arbeitsausschuss hat den oben genannten Film am 1.11.2002 geprüft und freigegeben ab 6 Jahren sowie für die stillen Feiertage. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Überstimmten Minderheit. Die Berufung ist zulässig und hatte keinen Erfolg.

Gründe

In dieser Folge der Harry-Potter-Geschichten wird gleich zu Anfang klar, dass Harry Feinde hat in Hogwart, der Schule für Hexerei und Zauberei; man versucht wohlmeinend -aber natürlich vergeblich - ‚ihn von dort fernzuhalten. Dort an der Schule, dem Ort des Geschehens, gibt es dann „... geheimnisvolle Stimmen und finstere Mächte, die die Schule bedrohen. Das Geheimnis der Kammer des Schreckens muss gelöst werden, dabei wird u.a. Hermine ‘versteinert‘, Professor Dumbledore vorübergehend suspendiert und Hagrid festgenommen. Tom Riddle und ein Tagebuch, Spinnen und Harrys Sieg über eine Riesenschlange stellen weitere Etappen dar, die letztlich darin enden, dass auch Hagrid wieder bejubelt zurückkehren darf und das Bestehen der Schule zunächst gesichert wird...“

Gegen die Entscheidung der ersten Instanz für eine Freigabe ab 6 Jahren wurde Berufung eingelegt mit dem Ziel einer Freigabe erst ab 12 Jahren und mit der Begründung, der Film enthalte „... sowohl erheblich ängstigende als auch desorientierende Aspekte für eine Altersgruppe ab sechs Jahren ...“; belegt wurde dies mit Hinweisen auf „... massiv ausgespielte action- und/oder specialeffekthafte Inszenierungen ..„ in Szenenfolgen, in denen beispielsweise die Kinder im Film in eine unklare und unendlich erscheinende Tiefe springen, ein Baum sie mit Absicht erschlagen will, Riesenspinnen sie verfolgen und fressen wollen und schließlich Harry einen Kampf auf Leben und Tod mit einer riesigen Schlange bestehen muss. Im übrigen könnten die mangelhafte Überschaubarkeit der Geschichte, die fehlenden Genrekenntnisse sowie die nicht ausgeprägte Fähigkeit zur distanzierenden Unterscheidung von Realität und Fiktion bei den jüngsten Kindern der Altersgruppe zu Desorientierung und Irritationen führen.

Auch in der Berufungsverhandlung (Hauptausschuss) wurde der Film als problematisch für 6-/7-Jährige eingeschätzt: Es müsse davon ausgegangen werden, dass die von der Berufung aufgelisteten Sequenzen in der Tat auf jüngere Kinder bis an die Grenze des Vertretbaren verängstigend und erregend wirken können. Andererseits sprechen eine Reihe von Aspekten dafür, eine Freigabe ab 6 Jahren für verantwortbar zu halten; solche Aspekte sind
- die Länge des Films: In der Regel ist Überlänge des Films eine zusätzliche Belastung für Kinder, hier wird sie dazu genutzt, die Geschichte ruhig und plausibel zu erzählen und nach belastenden Phasen solche der Beruhigung und Ent-Spannung zu setzen;

- die Tatsache, dass die Kinder im Film ein positives Bild von Hilfsbereitschaft und Loyalität untereinander und gegenüber dritten vermitteln;

- die während des ganzen Films unzweifelhafte Sicherheit darüber - die auch 6- /7-Jährige erkennen -‚ dass Harry Potter und seine Freunde gut und ohne Schaden aus der ganzen Geschichte herauskommen werden;

- die Tatsache, dass die ‘Bösen‘ im Film sofort Wirkung zeigen, wenn man ihnen Widerstand entgegen setzt (was bei kindlichen Betrachtern Angst ‘verkürzt‘ und Zuversicht erzeugt);

- der Verzicht des Films auf einen ‘Genremix‘ mit nicht-kindgerechten Stil- und Handlungselementen, die auf ein älteres Filmpublikum zielen;

- schließlich der überdeutlich fiktionale und märchenhafte Charakter des Films, der auch bei jüngeren Kindern der Altersgruppe ab 6 Jahren kaum Raum zur Verwechslung mit ihrer Lebenswirklichkeit lässt.

Im Ergebnis blieb es im Hauptausschuss bei der Freigabe des Films ab sechs Jahren, auch wenn dies bei den Ausschussmitgliedern im Hinblick auf Kinder unter acht Jahren nicht ganz bedenkenfrei blieb. Hilfreich und zusätzlich entlastend könnte es sich nach Überzeugung des Ausschusses erweisen, dass Kinder von sechs oder sieben Jahren, die in den Film gehen, von ihren Eltern oder einem sonstigen vertrauten Erwachsenen begleitet werden.

H. Dettbarn
Hauptausschuss-Vorsitzender


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