Gruß an Artur Brauner zur Verleihung der SPIO-Ehrenmedaille von Alfred Holighaus

Berlin, 10.09.2018

Als ich zum ersten und gottseidank einzigen Mal mit Artur Brauner in seinem Auto gefahren bin, war er nicht einmal 85 Jahre alt und hatte – natürlich – gerade wieder einen Film produziert. Ein weiteres Herzensprojekt, die unerträgliche Geschichte des Massakers von Babi Jar. Er wollte mich neugierig machen auf den Film, der dann ein halbes Jahr später planmäßig (also nach Artur Brauners Plan!) auf der 53. Berlinale lief. Diese Autofahrt quer durch die Grunewalder Wohngegend (sprich von seinem Haus in der Königsallee zu einem Restaurant am Hohenzollerndamm) ist für mich zum charakteristischen Bild dieser beeindruckenden Persönlichkeit geworden. Sie verlief nämlich Nonstop! Die Vorfahrt war eingebaut, und wenn Fußgänger nicht schnell genug von der Straße auf den Bürgersteig kamen, kam Artur Brauners Wagen eben schneller auf den Bürgersteig. So ist das Geburtstagskind: Rasant, zielstrebig, unbeirrbar und mit – sagen wir mal – Berührungspunkten an den Grenzen der Straßenverkehrsordnung.

Lieber Artur Brauner, die deutsche Filmwirtschaft hat wirklich allen Grund, sich bei Ihnen zu bedanken. Bereits der allererste Film, der nach dem Krieg in westdeutscher Produktion entstanden ist, entstand mit Ihrer Beteiligung als damals 28-jähriger Koproduzent: SAG DIE WAHRHEIT, Regie: Helmut Weiss, Darsteller Gustav Fröhlich, Mady Rahl, Sonja Ziemann und Georg Thomalla. Und mit der im selben Jahr gegründeten Central Cinema Company haben Sie seitdem das deutsche Kino mit ebenso viel Lust wie Ernsthaftigkeit um Filme bereichert, die die Herzen des Publikums höher und schneller haben schlagen lassen. Filme, in denen gelacht und sicher auch Filme, die belächelt wurden. Filme, die aufgewühlt, aufgeregt, aufgeheitert und auch aufgeklärt haben.

Über 250 sind das – bisher. Das macht einen Schnitt von mehr als drei pro Jahr. Aber wir wissen, dass es zwischen 1957 und 1968 eigentlich nur Jahre mit zweistelligem Output gab. 15, 16, 17, 18 Produktionen – von der leichten Muse mit Catarina Valente bis zum schweren Gewicht von Orson Welles. Da die Besucherzahlen noch nicht so lange genau erhoben werden, kann die an sich sehr zuverlässige und gut beleumundete statistische Abteilung der SPIO hier nur schätzen, wie viele Menschen diese Filme sahen. Aber diese Schätzung beginnt bei einem Minimum  von 50 Millionen! Ich bin geneigt, diese Zahl mehrfach zu multiplizieren. Oder – wie Sie,  es selbst sagen: „Ich habe ein Gespür für den Geschmack des Publikums.“

Ich möchte Ihnen persönlich dafür danken dass Sie für die Mabuse-Filme Lex Barker zum deutschen Film gebracht haben, der durch den „Schatz im Silbersee“ Ihres Kollegen und Rivalen Horst Wendlandt oder auch Ihren „Old Shatterhand“ zum größten Helden meiner Kindheit wurde – BRAVO-Starschnitt inklusive.

Und ich möchte Ihnen – wie mein Vorredner und meine Vorrednerin - im Namen der Zivilgesellschaft dafür danken, dass Sie niemals aufgehört haben, mit Kinogeschichten für Toleranz, gegen Menschenverachtung und Rassismus zu kämpfen. Wir wissen aus erschreckender aktueller Erfahrung, dass man damit niemals aufhören darf.

Als wir uns auf der letzten Berlinale einmal buchstäblich im Mondschein begegneten – Sie kamen zu einer Party, die ich gerade verließ -, musste ich an eine Geschichte denken, die ich im Zusammenhang mit dem von Ihnen produzierten Familiendrama „Ihr 106. Geburtstag“ gelesen hatte: Margarete Haagen, die Titelheldin des Films aus dem Jahr 1958 war beim Dreh gerade mal 69 Jahre alt. Da kam mir kurzfristig ein schrecklich-schöner Verdacht. Doch schließlich erinnerte ich mich daran, dass ich bereits das Vergnügen hatte, einen Ihrer Kindergeburtstage besuchen zu dürfen – nämlich den 70.

Schon damals hatten Sie längst das Geschenk verdient, dass ich Ihnen heute endlich und sehr gerne überreichen darf: Die Ehrenmedaille der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft für besondere Verdienste um den deutschen Film und den Film in Deutschland.

Herzlichen Glückwunsch! Mazel tov!




 
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